Es war ein Abenteuer ohnegleichen: Am 21. März 1971 brachen die österreichischen Alpinisten Robert Kittl, Klaus Hoi, Hansjörg Farbmacher und Hans Mariacher in Edlach an der Rax zur Längsüberquerung des Alpenhauptkamms von Ost nach West auf. Ihr Ziel: Die Seealpen und der französische Badeort Nizza. Alles war akribisch geplant. Ein Begleitfahrzeug mit Fahrer Alois Schett, ein Mann auf Reserve, über 200 Kartenblätter und eine speziell gefertigte Skiausrüstung unterstützten die Athleten bei ihrem Vorhaben.
Die unglaubliche Idee: Die gesamte Strecke nur zu Fuß und auf Ski zurückzulegen! Innerhalb von acht Wochen, also 56 Tagen, wollten sie die 1917 Kilometer lange Strecke zurücklegen. Gerade einmal 40 Tage später, am 29. April, erreichten sie ihr Ziel, ohne einen einzigen Ruhetag eingelegt zu haben. Insgesamt 85.510 Höhenmeter im Aufstieg – unfassbare 2137 Höhenmeter und 48 Kilometer Distanz pro Tag! – lagen hinter ihnen. Und dabei hatten sie nicht einmal die kürzeste oder leichteste Route gewählt, sondern die dominantesten und berühmtesten Gipfel der Alpen angesteuert, darunter Großglockner (3798 m), Piz Palü (3900 m), Dufourspitze (4634 m) und Mont Blanc (4810 m).
Das Team war sorgfältig ausgewählt. Jeder Einzelne der vier war ein erfahrener Alpinist und einer der Besten seines Fachs. Ausgiebiges Ausdauertraining ging der Unternehmung voraus. Ein österreichischer Skihersteller produzierte spezielle hochgebirgstaugliche Langlaufski aus unzerbrechlichen Kunststoffen und mit Alukanten, die das Fortkommen erleichtern sollten – aber in keiner Weise mit heutigen Tourenski zu vergleichen sind.
Insbesondere zu Beginn drohte das Wagnis fast zu scheitern. Das Problem: Es blieb keine Zeit, auf die besten Verhältnisse zu warten. Stürme, Schneetreiben, Lawinenabgänge und schlechte Sicht erschwerten in den österreichischen Alpen das Vorankommen. „Drei Tage und Nächte schneit es ohne Unterbrechung. Waagrecht weht der stürmische Wind die Flocken an die Wetterseite der Bäume, höher oben an lawinengefährliche Hänge. Der Schnee peitscht uns ständig ins Gesicht“, notiert Robert Kittl, der Führer des Teams, am 28. März.
Doch das Quartett kämpft sich gegen alle Widrigkeiten voran. „Unermüdlich zogen wir unsere Spur über die Berge des Alpenhautkammes“, erinnerte sich Klaus Hoi 2013 in den Alpenverein Graz Nachrichten. „Wir fühlten uns als Hürdenläufer im endlosen Raum ohne Zeitgefühl.“ Am 29. April 1971 war es schließlich vollbracht. Erschöpft, aber wohlbehalten erreichten die vier Skibergsteiger Contes bei Nizza.
Robert Kittl, Klaus Hoi, Hansjörg Farbmacher und Hans Mariacher ist eine der größten Leistungen der Skigeschichte gelungen. Es gab Versuche, ihre Unternehmung zu wiederholen – bis dato ist es noch niemandem gelungen.